Phallographie

Der Gestaltwandler

Der Penis ist ein Wesen mit vielen Gesichtern –
ein Gestaltwandler zwischen Welten.
Im Ruhezustand: ein scheuer Schatten seiner selbst.
Weich, formlos, fast beiläufig.
Wie ein schlafendes Tier, das sich dem Blick entzieht,
nicht, weil es sich schämt –
sondern weil es sich noch nicht erinnern muss, was es kann.

Und dann, fast wie Magie:
ein Reiz, ein Duft, ein Blick –
und das Wesen verändert sich,
hebt sich wie aus einem Schlaf.
Es füllt sich mit Kraft,
richtet sich auf, wächst, spannt sich,
als hätte er sich entschieden,
Teil der Welt zu sein – mit aller Härte, die Lust gebiert.

Der Schlaffe kennt nicht den Erregten.
Der Erregte erkennt nicht den Schlaffen.
Und doch sind sie eins –
verschlungene Zustände ein und desselben Körpers.
Wie Wasser: Dampf, Eis, Flut.
Wie Mondlicht auf Haut – mal silbern, mal golden, mal schwarz.

Und dann –
nach dem Ausbruch, dem Höhepunkt,
dem bebenden Puls durch Sehnen und Becken –
zieht sich der Gestaltwandler wieder zurück.
Nicht tot, nicht traurig, nur erfüllt.
Wie ein Zelt nach dem Fest,
entleert, von Musik und Menschen…

Würde man ihn in seinen Extremen festhalten –
in Bildern nebeneinanderlegen –
man würde meinen, es seien zwei.
Zwei Körper, zwei Wesen,
verbunden nur durch ein unsichtbares Band aus Begehren,
Blut und Erinnerung.

Der Penis, ambivalent – in jedem Fall ehrlich – ein Wunder der Flexibilität.